Die Nordseite der Königlichen Residenz im Jahr 1828 (M+)

Domenico Quaglio

Die Nordseite der Königlichen Residenz im Jahr 1828, 1828

Öl auf Leinwand, 62,5 x 82,4 cm
1828 durch König Ludwig I. vom Künstler erworben
Inv. Nr. WAF 789

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Die Nordseite der Königlichen Residenz im Jahr 1828

Stadtbild und Stadtlandschaft waren seit der Renaissance ein selbständiges Thema der Malerei und gewannen in den ersten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts erneut an Bedeutung, nachdem man sich der Veränderungen des Lebensraumes auch in historischer Perspektive zunehmend bewusst geworden war. Domenico Quaglio, der als Dekorationsmaler am Münchner Hoftheater begonnen hatte, kam über druckgraphische Ansichtenwerke zur Architekturmalerei, die ihn ab 1818 vorwiegend beschäftigte. Meist waren es einzelne Monumente und charakteristische Bauten, die er zum Gegenstand seiner Bilder wählte. In den 1820er Jahren entstand eine ungewöhnliche Folge von Ansichten Münchens, die einzelne Partien der inneren Stadt, vor allem die Umgebung der Residenz zeigen. Es handelt sich dabei um eine lose Folge von annähernd gleich großen Bildern, die offenbar auf Anregung oder im Auftrag von Kronprinz Ludwig gemalt wurden. Ludwig besaß in seiner Sammlung schließlich acht dieser Ansichten Quaglios, von denen sich heute noch fünf im Besitz der Neuen Pinakothek befinden. Dargestellt sind jeweils Partien der alten Stadt, die sich binnen kurzer Zeit durch Neubauten oder städtebauliche Maßnahmen grundlegend verändern sollten. Es herrscht ein dokumentierender Charakter vor, als ob das malerisch empfundene alte Erscheinungsbild der Stadt zumindest im Gemälde bewahrt werden sollte. Im Fall der Residenzbauten mag es auch ein Akt des Respekts und der Pietät gewesen sein, die alten Trakte im Bild festzuhalten, bevor sie abgebrochen wurden. Die einzelnen Veduten werden durch zahlreiche Staffage verlebendigt und scheinen einen Eindruck des täglichen Lebens in der Residenzstadt zu geben.
Der Blick auf die Alte Reitschule mit dem Café Tambosi (Inv. Nr. WAF 786) zeigt das Areal des heutigen Odeonsplatzes. Links ist scharf angeschnitten der äußerste Pilaster der Fassade der Theatinerkirche sichtbar, rechts das 1816 von Klenze errichtete Hofgartentor. Der Blick geht nach Norden auf die Schwabinger Chaussee. Rechts steht mit hohem Giebel die Alte Reitschule mit dem davor liegenden Caféhaus, die beide 1822 abgebrochen wurden, um dem 1824 bis 1826 nach Plänen Klenzes errichteten Bazargebäude Platz zu machen. Links stehen zwei mehrgeschossige Wohnhäuser auf dem Stadtwall, die später der weiteren Bebauung des Odeonsplatzes weichen mussten. Weiter zurückliegend ist in knappem Ausschnitt das Leuchtenbergpalais zu erkennen, das 1817 bis 1821 ebenfalls nach Plänen Klenzes als erster Bau im Bereich der späteren Ludwigstraße errichtet worden war.
Der Blick in die Residenzstraße (Inv. Nr. WAF 790) zeigt ebenfalls ein bald von großen Veränderungen bedrohtes Areal. Dies betrifft weniger die Häuserzeile rechts im Bild, nahezu unverändert erhalten geblieben ist, sondern die älteren Teile der Residenz links, wie der so genannte Witwenstock und der Goldene-Saal-Trakt. Beide wurden 1826 abgebrochen, um Klenzes Königsbau Platz zu machen. Zwei weitere Ansichten zeigen den Residenzkomplex von Nordosten und von Norden (Inv. Nr. WAF 788 und WAF 789). Sie dokumentieren den Zustand vor der Errichtung des Festsaalbaus, mit dessen Planung 1825 begonnen und zu dem der Grundstein 1832 gelegt wurde. Nur wenige ältere Teile, wie der Herzog-Christoph-Turm, wurden in den Neubau integriert, während die mittelalterliche Neuveste fast vollständig abgebrochen wurde.

Domenico Quaglio (1787 ‐ 1837)

Leben und Werk

Domenico war das bedeutendste Mitglied der Künstlerfamilie Quaglio, die ursprünglich aus Oberitalien stammte und mit Kurfürst Carl Theodor von Mannheim nach München übergesiedelt war. Ausgebildet als Kupferstecher und Lithograph konzentrierte sich Domenico Quaglio bald auf die Wiedergabe von mittelalterlichen Baudenkmälern, die er in Druckgraphiken veröffentlichte. Zeitweise als Theatermaler in München tätig und später ab 1833 als Leiter des Wiederaufbaus von Schloss Hohenschwangau wandte er sein gestalterisches Talent vor allem im Rahmen konkreter Aufgabenstellungen an. Auch Quaglios malerisches Werk ist nicht völlig künstlerisch frei aufgefasst, sondern an der Zweckhaftigkeit der Vedute, wie Canaletto sie im 18. Jahrhundert geprägt hatte, orientiert. Seine Ansichten von Landschaften, Städten oder Bauwerken haben immer dokumentarischen Charakter, auch wenn durch die Einführung von Staffagefiguren und durch die Wahl des Bildausschnitts Elemente der romantischen Landschafts- und Genremalerei eingeführt werden. Quaglio hat sich vor allem als gewissenhafter Dokumentar des alten München vor der Umgestaltung durch Ludwig I. einen Namen gemacht. Seine Architekturmalerei ist in mancher Hinsicht dem Werk Eduard Gärtners vergleichbar, der Ähnliches für Berlin leistete.

Domenico Quaglio

Die Alte Reitschule mit dem Café Tambosi im Jahr 1822, 1822

Öl auf Leinwand, 63,4 x 84,5 cm
1822 durch Kronprinz Ludwig vom Künstler erworben
Inv. Nr. WAF 786

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Domenico Quaglio

Die Königliche Residenz von Nordosten im Jahr 1827, 1827

Öl auf Leinwand, 62,5 x 82,5 cm
1827 durch König Ludwig I. vom Künstler erworben
Inv. Nr. WAF 788

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Domenico Quaglio

Blick auf die Villa Malta in Rom, 1830

Öl auf Leinwand, 62,2 x 82,0 cm
1830 durch König Ludwig I. vom Künstler erworben
Inv. Nr. WAF 784

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Domenico Quaglio

Die Residenzstraße gegen den Max-Joseph-Platz im Jahr 1826, 1826

Öl auf Leinwand, 63,5 x 83,5 cm
1826 durch König Ludwig I. vom Künstler erworben
Inv. Nr. WAF 790

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