Procidanerin mit ihrem Kind (M+)

Louis Léopold Robert

Procidanerin mit ihrem Kind, 1826

Öl auf Leinwand, 46,6 x 38,4 cm
1841 durch König Ludwig I. aus der Sammlung Klenze erworben
Inv. Nr. WAF 836

Details   

Procidanerin mit ihrem Kind

Die junge Frau in der Tracht der Insel Procida hebt sich als zentrale Dreieckskomposition gegen den Himmel und die weit unten sich breitende Küstenlandschaft ab. Der Umrisslinie ihres Körpers ist das auf ihrem Schoß sitzende Kind ganz eingeschrieben. Die Mutter-Kind-Beziehung wird durch die Neigung des Kopfes und das mschließen des Kindes mit beiden Händen anmutig betont. Es ist der ins Volksgenre abgewandelte Madonnentypus der Renaissance, dem auch die Orangenfrucht, die das Kind in der Linken hält, entspricht. Der Blick des Kindes ruht aufmerksam auf dem Betrachter, während die Mutter gedankenvoll aufwärts in die Ferne schaut. Der reich bestickte Pantoffel ist vom linken Fuß geglitten, die Füße reiben aneinander, sie fühlt sich unbeobachtet. Durch solche Details bringt Robert einen Zauber lebendiger Schilderung ins Bild, die den strengen Aufbau vergessen macht. Auch die Landschaft ist komponiert. Obgleich links der Vesuv und rechts die Halbinsel von Sorrent mit dem Golf dazwischen zu erkennen sind, ist das in Wirklichkeit viel weiter entfernte Festland herangeholt und bildwirksam eingegliedert. Die Leuchtkraft der Farben wiederum erscheint gedämpft im Licht des bedeckten Himmels. Im Koloristischen bezeugt das Bild Roberts Herkunft von der französischen Schule. Laut der zeitgleichen Korrespondenz zwischen Robert und seinem Malerkollegen Bénard in Paris handelt es sich bei der Dargestellten um das von beiden beschäftigte Modell Louise Volstra mit ihrem Kind.

Louis Léopold Robert (1794 ‐ 1835)

Leben und Werk

Geboren am 13. Mai 1794 in Les Eplatures bei Neuchâtel, gestorben am 20. März 1835 in Venedig. Nach einer ersten Ausbildung im graphischen Bereich kam Robert 1811 in das Atelier von Jacques-Louis David. 1816 kehrte er in die Schweiz zurück, 1818 ging er nach Rom, 1821 und 1825 hielt er sich in Neapel auf. Auf einer Reise durch Oberitalien machte Robert 1829 Bekanntschaft mit Mitgliedern der Familie Bonaparte. 1832 ließ er sich in Venedig nieder. Der französischen Romantik verpflichtet, gehört Robert, der sich neben Veduten und Interieurdarstellungen seit 1820 vor allem auf Briganten spezialisierte, zu den bedeutendsten Schweizer Malern des frühen 19. Jahrhunderts; er malte eine Vielzahl idealisierter Mädchen- und Frauenbildnisse sowie Bauern- und Fischeridyllen.