Eugène Delacroix
König Rodrigo, 1833
Tempera auf Papier auf Leinwand, 192 x 95 cm
»Noble Gäste« - Meisterwerke der Kunsthalle Bremen - Der Kunstverein in Bremen in der Neuen Pinakothek
König Rodrigo
Im Karneval des Jahres 1833 veranstaltete der Dichter Alexandre Dumas einen Kostümball für mehrere Hundert Gäste. Er bat befreundete Künstler, als Dekoration der Ballsäle Darstellungen aus der zeitgenössischen romantischen Literatur zu malen. Neben Delacroix beteiligten sich unter anderem Grandville, Decamps und der Bildhauer Barye. Während die anderen Künstler bereits einige Tage vor dem Fest ans Werk gegangen waren, erschien Delacroix erst am Morgen des Balls, als die anderen Dekorationen bereits fertig waren. Wie mit dem Gastgeber abgesprochen, sollte er den sagenumwobenen König Rodrigo malen, dessen Schicksal durch Émile Deschamps' zeitgenössische Übersetzung eines mittelalterlichen Heldenromans populär war. In seinen Erinnerungen berichtet Dumas, wie Delacroix das versprochene Bild innerhalb von "zwei oder drei Stunden" ausgeführt hat, frei improvisierend, ohne auf Vorstudien oder Skizzen angewiesen zu sein. Er lieferte damit vor den versammelten Künstlerkollegen einen weiteren Beweis seiner überlegenen Schaffenskraft, der ihm den Beinamen eines "zweiten Rubens" einbrachte.
Das mit Temperafarbe auf mehrere zusammengeklebte Papierbogen ausgeführte Gemälde zeigt alle Merkmale einer rasch ausgeführten alla prima-Malerei. Der sterbende König, der im Kampf gegen die Araber tödlich verwundet wurde, kann sich nur mit Mühe auf dem Pferd halten. Krone und Szepter sind zu Boden gefallen. Hinter ihm erstreckt sich in fahlem Licht die Weite des Schlachtfeldes, das er einsam überragt. Mit ihm wird das Westgotenreich untergehen. Delacroix lieferte mit seinem Bild einen melancholischen Kommentar zur heroischen Tradition des Herrscherbildnisses zu Pferd.