Tänzerin (Die Geste) (M+)

Oskar Schlemmer

Tänzerin (Die Geste), 1922

Öl und Tempera auf Leinwand, 200 x 130 cm

Inv. Nr. 13421

Details   

Tänzerin (Die Geste)

Oskar Schlemmer gehörte dem Bauhaus von 1920 bis 1928 an. Obwohl er an der
Stuttgarter Akademie ausschließlich Malerei studiert hatte, übernahm er 1920 am Bauhaus zunächst die Bildhauerwerkstatt. Wichtig für Schlemmers Kunstschaffen
war die während der Akademiezeit geschlossene Freundschaft mit Willi Baumeister und Otto Meyer-Amden. Letzterer wies ihn auf den Weg mystischer Versenkung in die Gesetze der Geometrie. Die Betonung des Gesetzmäßigen förderte zudem Schlemmers Auseinandersetzung mit Georges Seurat und Paul Cézanne. Nachdem1922 sein „Triadisches Ballett“ am Württembergischen Landestheater in Stuttgart und 1923 in Weimar aufgeführt worden war, übernahm Schlemmer im selben Jahr die Theaterbühne des Bauhauses. Das zentrale Thema der „Figur im Raum“ gewann durch die intensive Bühnenarbeit auch für Schlemmers Malerei eine neue, metaphysische Dimension. Seine Figuren wirken, wie etwa sein Hauptwerk „Tänzerin“ zeigt, in ihren Umraum integriert und geheimnisvoll ausgesetzt zugleich. Mathematik und Magie gehen so eine faszinierende Verbindung ein, die es Schlemmer gestattete, seine scheinbar anonymen und mechanischen Gliederpuppen dennoch mit der Dimension des Schicksalshaften zu versehen. Dies gilt auch für die „Tänzerin“, die sich auf ihrer leeren, der Pittura metafisica entlehnten Bühne durch ihre Schrittstellung aufdringlich dem Betrachter zuwendet, während ihre abweisende Geste einschüchternde Distanz gebietet. Geometrische Ordnung als Würde und Bedrohung wird mithin bei Schlemmer anschaulich – lange vor dem nationalsozialistischen Ordnungsdiktat, das ihn seines Lehramts beraubte und in die innere Emigration trieb.

Oskar Schlemmer (1888 ‐ 1943)