Der Watzmann (M+)

Ludwig Richter

Wald bei Olevano (Serpentara), 1829

Öl auf Leinwand, 50 x 64,8 cm
1989 gemeinsam mit der Ernst von Siemens Kunststiftung aus Privatbesitz erworben
Inv. Nr. 15166/ESK 4

Details   

Der Watzmann

"Der Watzmann" ist das erste von Richter selbst als vollgültig anerkannte malerische Werk, mit dem er sofort Wertschätzung in Künstler- und Kritikerkreisen erlangte. Das Bild entstand in Rom, nach Eindrücken und Studien, die Richter während der Reise durch die Alpen auf seinem Weg nach Italien gemacht hatte. Unmittelbare Anregung erhielt der junge Künstler durch Kochs "Schmadribachfall", den er im Atelier des Älteren gesehen hatte.

Im direkten Vergleich der beiden Bilder fällt zunächst die gleiche kompositorische Anlage ins Auge, und das bei beiden spürbare Bestreben, einen Berg mit Wasserfall als mächtigen Monolith in Szene zu setzen. Deutlich sind jedoch auch die Unterschiede: Während Koch den Berg überhöht und monumentalisiert, wendet Richter die Stimmung ins Beschauliche und bereichert die Naturdarstellung um erzählende Elemente. Der Watzmann wird als zivilisatorisch erschlossener Berg dargestellt, nicht als unzugängliche Natur. Eine Hütte im Tal bietet den Menschen Schutz und Unterkunft. Weiter oben am Berg liegt eine kleine Kapelle, und auf den Flachkuppen der niedrigeren Berge sind Weiden für das Vieh zu erkennen. Der lichte Mischwald scheint von den Menschen genutzt. Auch der Gipfel selbst wirkt wenig bedrohlich, sondern wird von Schönwetterwolken umgeben. Diesen befriedeten und idyllischen Gesamteindruck verstärkt auch der Einsatz von warmen Grün- und Brauntönen sowie die Einbindung von kleinen anekdotischen Szenen.

Ludwig Richter (1803 ‐ 1884)

Leben und Werk

Ludwig Richter ist neben Moritz von Schwind der führende Vertreter der deutschen Spätromantik. Er erhielt seine erste Ausbildung vom Vater, der in Dresden als Stecher tätig war. Als junger Mann kam Richter durch ein Stipendium des Verlegers Arnold nach Rom. Dort verkehrte er wie viele junge Künstler im Atelier Joseph Anton Kochs, dessen Landschaftsmalerei auch Richter beeinflusste, sowie im Kreis der Nazarener. Nach seiner Rückkehr nach Dresden versuchte er, als Landschaftsmaler und Illustrator Fuß zu fassen. 1828 erhielt er eine Anstellung als Zeichenlehrer bei der Meißener Porzellanmanufaktur. Später folgte er seinem Vater im Lehramt für Landschaftsmalerei an der Dresdner Kunstakademie nach. Richters Werk zeichnet sich durch eine Tendenz zum Volkstümlich-Idyllischen aus, und auch die Einbeziehung der heimatlichen Natur spielt in seiner Kunst eine wichtige Rolle. In seinem Spätwerk konzentrierte er sich vor allem auf die Druckgraphik, insbesondere den Holzschnitt. Als Illustrator von Volksmärchen und Legenden gelangte er zu großer Popularität.