Die Spinnerinnen von Fondi (M+)

François-Joseph Navez

Die Spinnerinnen von Fondi, 1845

Öl auf Leinwand, 147,5 x 186,5 cm
1851 durch König Ludwig I. vom Künstler erworben
Inv. Nr. WAF 696

Details   

Die Spinnerinnen von Fondi

Über die Entstehung dieser großen Komposition wird vom Künstler selbst berichtet: »Nachdem ich in Neapel vor dem Portal der Erlöserkirche eine Gruppe von Spinnerinnen gesehen hatte, machte ich aus diesem Motiv dadurch ein Bild, dass ich einen jungen Hirten hinzufügte, der das Schicksal eines in einer Wiege liegenden Kindes voraussagte. Bei der Rückkehr von Neapel unterbrach ich in Fondi. Ich sah neben der Tür der Kapelle eine schöne Frau, die nähte. Um sie waren zwei weitere junge Mädchen. Ich begann eine Skizze zu machen, und als ich gerade beim Zeichnen war, kam der Ehemann in großer Wut herbei, weil ich seine Frau zeichnete. Ich wollte eingreifen, aber ich musste mich zurückziehen. Eine der Frauen sagte mir, dass er mir sonst einen Messerstich versetzen würde. Jedenfalls benutzte ich meine Zeichnung für die Frauengruppe.«
In seiner leuchtenden Farbigkeit und harmonischen Figurenkomposition ist das Genre ein charakteristisches Beispiel für die neue Richtung der Malerei des jungen Belgiers, die damals in Deutschland begeistert aufgenommen wurde. Im Jahr seiner Vollendung war es dann sofort auf der Brüsseler Kunstausstellung zu sehen und in Schorns Kunstblatt (1845, S. 400) besprochen.

François-Joseph Navez (1787 ‐ 1869)

Leben und Werk

Geboren am 16. November 1787 in Charleroi, gestorben am 12. Oktober 1869 in Brüssel. Nach einer ersten künstlerischen Ausbildung in Brüssel ging Navez von 1813 bis 1816 nach Paris, wo er Schüler von Jacques-Louis David war. Von 1817 bis 1821 war er in Rom als Pensionär der Brüsseler Société des Beaux-Arts und freundete sich mit Jean-Auguste-Dominique Ingres an. Seit 1822 lebte er in Brüssel, wo er 1835 zum Direktor der Akademie ernannt wurde. Navez' Porträts, Historien-, Genre- und sakrale Bilder verbinden den spätklassizistischen Figurenstil mit einer reichen Farbigkeit.