Kindergarten Antonio Sant' Elia, 1932, 1998
1-Kanal-Video, Schwarz-Weiß, ohne Ton, 10 Min., Loop
2010 erworben von PIN. Freunde der Pinakothek der Moderne e.V.
Inv. Nr. GV 207
Bayerische Staatsgemäldesammlungen - Sammlung Moderne Kunst in der Pinakothek der Moderne München
© VG Bild-Kunst Bonn, 2022
Kindergarten Antonio Sant' Elia, 1932
Die frühe, in Schwarzweiß gehaltene Arbeit „Kindergarten Antonio Sant’Elia“ basiert auf einer 1932 aufgenommenen Fotografie des gleichnamigen Kindergartens im italienischen Como. Sie zeigt in einer Momentaufnahme eine Gruppe in weiße Kittel gekleideter Kinder, die in der sehr formalistisch und streng anmutenden Anlage des Architekten Giuseppe Terragni spielen. Die Körper der Kinder werfen lange Schatten, was vermuten lässt, dass die Fotografie im Frühling aufgenommen wurde. Diesen Eindruck verstärken die zwei sehr jungen Bäume, die zart belaubt sind. Im Gegensatz zu den in ihren Bewegungen erstarrten Kindern bewegen sie sich fast unmerklich, so als würde sie ein leichter Wind durchwehen. Aus dem unaufgelösten Widerspruch zwischen Bewegung und Erstarrung entwickelt sich eine besondere Spannung, die es dem Betrachter schwer macht zu entscheiden, ob es sich nun um eine Fotografie oder einen Film handelt. Aber auch die Darstellung selbst gibt Rätsel auf, denn die sehr strukturierte, rationalistische Anlage des Gartens, in dem die junge Natur der Architektur untergeordnet ist, steht im Gegensatz zu den sich in unterschiedlichste Richtungen unvorhersehbar bewegenden Kindern, deren Spiel durch Individualität und Freiheitsdrang gekennzeichnet ist. Die Jahreszahl 1932 erinnert daran, dass wir uns hier am Vorabend der faschistischen Gewaltherrschaft über Europa befinden. „Der video-projizierte Still ist voller potentieller Bewegung, und es ist genau dieses „Ausbleiben eines Ereignisses“, welches die Energie nach innen kehrt und nicht nach außen richtet.“ (David Claerbout, The Shape of Time, 2008, S. 9)