Der Sommer (Landschaft mit Liebespaar) (M+)

Caspar David Friedrich

Riesengebirgslandschaft mit aufsteigendem Nebel, um 1819/20

Öl auf Leinwand, 54,9 x 70,4 cm
1916 aus dem Kunsthandel erworben
Inv. Nr. 8858

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Der Sommer (Landschaft mit Liebespaar)

"Der Sommer" ist auf den ersten Blick ein für Caspar David Friedrich untypisches Gemälde. Die helle, warme Farbigkeit verbreitet eine unerwartet heitere und gelöste Stimmung. Im Vordergrund ist ein junges Liebespaar in antik anmutender Kleidung zu sehen. Die beiden sitzen eng umschlungen in einer Laube und sind ganz in sich vertieft. Das Glück dieser beiden Menschen wird durch die blühende Natur, die beiden turtelnden Tauben und die weite, anmutige Wiesen- und Flusslandschaft betont. Nichts scheint die Harmonie der Szene zu trüben.

Weiß man jedoch, dass der "Sommer" das Gegenstück zu einer düsteren Winterlandschaft mit einem einsam wandernden Mönch war, die 1931 im Münchner Glaspalast verbrannt ist, kann das Bild nicht mehr nur als harmloses Idyll verstanden werden. Die beiden Gemälde waren Ausdruck der Dualität des Lebens, das zwischen Glück und Niedergeschlagenheit pendelt. Der Gegensatz zwischen persönlicher Erfüllung in der Liebe und in der Freundschaft auf der einen Seite und der Einsamkeit des Individuums auf der anderen trat in diesem Bildpaar sehr deutlich hervor.

Die Jahreszeiten wurden auch in der älteren Kunst häufig in Beziehung zu den Lebensaltern gesetzt. Die Einbindung des Menschen in Natur und Kosmos, sein vorgezeichneter Weg von der Kindheit über die Reife und das Alter in den Tod, zugleich auch seine Verlorenheit in der Welt kommen in den Tages- und Jahreszeitenzyklen der deutschen Romantik - man denke an Runges berühmten Zyklus - besonders deutlich und mit neuer Tragweite des Gedankens zum Ausdruck.

Caspar David Friedrich (1774 ‐ 1840)

Leben und Werk

Caspar David Friedrich, in Greifswald geboren und an der Kopenhagener Akademie ausgebildet, war neben Philipp Otto Runge der wichtigste Vertreter der norddeutschen, "protestantischen" Romantik. Im Gegensatz zur zeitgleichen nazarenischen, "katholischen" Romantik suchten Runge und Friedrich ihre Legitimation nicht in einer am Mittelalter orientierten Rückbindung der Kunst an Kirche und Staat, sondern in einer nur dem eigenen Gewissen verpflichteten Verantwortung des Künstlers. Friedrich siedelte nach seiner Studienzeit 1798 nach Dresden über, das in den Jahren um 1800 ein Zentrum der frühromantischen Bewegung war. Der Austausch über neue künstlerische Ausdrucksformen zwischen bildenden Künstlern und Dichtern wie Friedrich Schlegel, Kleist, Novalis und Tieck war in dieser Zeit des Umbruchs und der Lösung von alten gesellschaftlichen Strukturen besonders intensiv und fruchtbar. Eine neue religiöse Malerei, wie sie Friedrich in seinen sakralisierten Landschaften anstrebte, gab einem neuen, pantheistischen Glaubensverständnis Ausdruck. Die Unendlichkeit von Universum und göttlicher Schöpfung, zugleich aber auch die Verunsicherung des Menschen in seiner Welt wurden zu Themen seiner Bilder. Friedrichs neuartige Bildschöpfungen stießen mit ihrer häufig sehr subjektiven Ikonographie in einer breiteren Öffentlichkeit auf Unverständnis. So war der Künstler schon bald nach seinem Tod kaum mehr bekannt. Erst in den Jahren um 1900 kam es zu einer Wiederentdeckung. Melancholie und Verunsicherung, wie sie viele von Friedrichs Bildern zum Ausdruck bringen, spiegeln nicht nur das Empfinden des schaffenden Künstlers um 1800 wider, sondern verleihen einer ganzen Epoche, deren Weltbild wankend geworden war, künstlerische Gestalt.

Caspar David Friedrich

Ruinen in der Abenddämmerung (Kirchenruine im Wald), um 1831

Öl auf Leinwand, 70,5 x 49,7 cm
1933 aus dem Kunsthandel erworben
Inv. Nr. 9872

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