16.07.2020: Fritz Winter - documenta-Künstler der ersten Stunde

documenta-Künstler der ersten Stunde

documenta 1955, Fritz Winters „Komposition vor Blau und Gelb“ im Großen Malereisaal im Museum Fridericianum,  
©documenta archiv (Dauerleihgabe der Stadt Kassel) / Foto: Günther Becker, © Fritz-Winter-Haus, Ahlen

Mit sieben Gemälden wurde Fritz Winter 1955 zur documenta, der ersten großen international ausgerichteten Übersichtsschau von Arnold Bode eingeladen. Sein Auftritt im Museum Fridericianum war spektakulär: Für eine Stirnwand des Großen Malereisaals malte er die sechs Meter breite abstrakte „Komposition vor Blau und Gelb“, durch deren Gegenüberstellung mit Picassos aus New York entliehenem „Mädchen vor einem Spiegel“ der Anschluss der westdeutschen Malerei an die internationale Kunstentwicklung proklamiert wurde. Dieses erste eigens für eine documenta konzipierte Kunstwerk wird in diesem Herbst wieder in Kassel zu sehen sein. 

Ausstellung in der Neuen Galerie in Kassel (13. November 2020 bis 21. Februar 2021)

documenta 2, 1959, Fritz Winters „Komposition“ von 1956 in der Halbrotunde des Museum Fridericianum,  
© documenta archiv (Dauerleihgabe der Stadt Kassel) / Foto: Günther Becker, © Fritz-Winter-Haus, Ahlen

Die Museumslandschaft Hessen Kassel rekonstruiert in der Neuen Galerie auf Initiative der Fritz-Winter-Stiftung und der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen die zentralen Beiträge des Künstlers zu den ersten drei documenta-Ausstellungen 1955, 1959 und 1964. Die Ausstellung wird rund 90 Werke aus Malerei, Grafik und Bildwirkerei zeigen, darunter einen monumentalen Bildteppich, den Fritz Winter für die Neueinrichtung des Hessischen Landesmuseums in Darmstadt entworfen hatte. 

Eine Galionsfigur der deutschen Nachkriegskunst

Portrait Fritz Winter, um 1950, Foto: Fritz-Winter-Haus, Ahlen, © 2020 VG Bild-Kunst 

Als ehemaliger Schüler von Kandinsky, Klee und Schlemmer am Bauhaus in Dessau galt Fritz Winter (1905-1976) unter den Nationalsozialisten als entartet. 1949 gehörte er zu den Gründungsmitgliedern der „Gruppe der Gegenstandslosen“ ZEN 49 in München. Trotz informeller Tendenzen in den 1950er-Jahren vertrat er eine biomorphe, den elementaren Kräften und Strukturen der Natur verpflichtete Abstraktion. Am 1. Mai 1955 trat der Künstler eine Professur an der fortschrittlichen Werkakademie in Kassel an, wo er bis 1970 lehrte. In den folgenden Jahren arbeitete er eng mit dem Gründer der documenta Arnold Bode zusammen und war zunehmend in die Entscheidungs- und Organisationsstrukturen der Großausstellung eingebunden. 

Mit Fritz Winter kann man in Kassel einen zentralen Protagonisten der frühen documenta-Geschichte wiederentdecken – und einen Maler, der die Sprache der gegenstandslosen Kunst in Deutschland seit den 1920er-Jahren maßgeblich erweiterte.

 

Fritz Winter. documenta-Künstler der ersten Stunde 
13. November 2020 bis 21. Februar 2021 
Neue Galerie, Museumslandschaft Hessen Kassel 

Eine Kooperation der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen und der Fritz-Winter-Stiftung an den Bayerischen Staatsgemäldesammlungen mit der Museumslandschaft Hessen Kassel. 

 

 

Autorin: Anna Rühl, Kuratorin Fritz-Winter-Stiftung