Wahl

Neo Rauch

Wahl, 1998

Öl auf Leinwand, 300 x 200 cm
2003 erworben von PIN. Freunde der Pinakothek der Moderne für die Sammlung Moderne Kunst
Inv. Nr. GV 140

© Courtesy Galerie EIGEN + ART, Berlin und David Zwirner, New York
© VG Bild-Kunst, Bonn 2016

Details   

Wahl

Das Bild zeigt das Atelier eines Künstlers. Vorgeführt werden Arbeitsuntensilien sowie in Entstehung begriffene und fertige Gemälde. Farbtöpfe, Leindwände und Staffelei sind prominent in Szene gesetzt. Dicke Kabelbündel können als Farb- und Energieströme gelesen werden. Tropfspuren, Kleckse und Übermalungen weisen auf den Arbeitsprozess hin. Der Künstler selbst steht auf einer Leiter - und erweist sich als merkwürdige Doppelexistenz. Wer ist der Mann, der seinem Alter Ego die schlaffe Hand führt? Das Szenario deutet auf die Auseinandersetzung des Malers mit seinem eigenen Künstlerdasein hin. Immer wieder wird der Druck deutlich, dem der erfolgreiche Künstler einerseits ausgesetzt ist, den er andererseits aber auch zur Aktivierung kreativen Potentials benötigt. Rauchs Werk dreht sich um einen umfassenden, stets aufs Neue zu lösenden Gegenstand: die Bilderzeugung. Doch wer glaubt, in der Rauch´schen Bilderwelt werde bienenfleißig und (im Hinblick auf die Herkunft des Malers aus der ehemaligen DDR) real-sozialistisch gearbeitet, als im Dienste eines übergeordneten Systems, täuscht sich. Zwar erinnert das Gemälde an eines der augenfälligsten Mittel der Propaganda, das Plakat, doch geht es Rauch vor allem um Klischees, um Fassaden, um parallel existierende Ebenen von Realität und Fiktion. Wie eindeutig ist die Teilung des Bildes in die hermetische Innenwelt eines Ateliers und die es umgebende Außenwelt (der Wirklkichkeit, des Kommerzes, aber auch der Natur)? Die rückwärtige Atelierwand jedenfalls wirkt wie ein durchbrochener Paravent, während die dahinter sichtbaren Bäume das Werk eines Kulissenmalers zu sein scheinen. Kunst - das wird deutlich - ist eine Arbeit, die niemals zu einem Ende findet. Kunst zu machen, bedeutet weit mehr als die Ausführung des jeweils nächsten Auftrags. Kunst ist eine innere Haltung, die kontinuierlich Entscheidungen abfordert. Das ganze Leben erscheint als eine permanente Wahl-Möglichkeit zwischen Haupt- und Nebenwegen, bisweilen schwierig und quälend, dann wieder produktiv und von Erfolg belohnt.

Neo Rauch (1960)