Landschaft am Genfer See (M+)

Ferdinand Hodler

Die Lebensmüden, 1892

Öltempera auf Leinwand, 149,7 x 294,0 cm
1927 aus dem Kunsthandel erworben
Inv. Nr. 9446

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Landschaft am Genfer See

Verfolgt man die Kunstliteratur des frühen 20. Jahrhunderts, so werden immer wieder drei Maler in einem Atemzug genannt: Munch, Hodler, Kirchner. Mit ihnen versucht eine von dem Materialismus und dem naturwissenschaftlichen Positivismus des vergangenen Jahrhunderts enttäuschte Gesellschaft zurückzufinden zu einer geistigen Durchdringung der Wirklichkeit und ihrer Phänomene. Neben Kirchners »innerem Bild der äußeren Wirklichkeit« und Munchs psychologisch aufgeladenen Darstellungen sind es auch die Landschaften Hodlers, die der Wirklichkeit – ja, gegebener Topographie – Identität und eine Seele zu geben scheinen.
Tatsächlich zeigt das Gemälde zwar einen Ausblick vom nördlichen Ufer des Genfer Sees gegen die Rhonemündung hin, wobei der Standort des Malers nach Thea Vignau-Wilberg auf einer Anhöhe zwischen Lausanne und Montreux gewesen sein muss. Unzweifelhaft wichtiger aber ist die atmosphärische Dichte der Landschaft, die mit Blick auf den bühnenartigen Vordergrund gleichsam körperhaft auftritt. Wie Vignau-Wilberg schreibt, entsteht, da weder Menschen noch Tiere dargestellt sind, »der Eindruck einer gewissen Leere, wodurch Hodler jedoch die Wirkung der Landschaft auf das Elementare, die Elemente Erde, Wasser und Luft konzentriert und im Sinn einer monumentalen Bildarchitektur steigert«. So tritt in den Bildern Hodlers der Mensch noch im Landschaftsprospekt den Urkräften der Natur entgegen.

Ferdinand Hodler (1853 ‐ 1918)

Leben und Werk

Geboren am 14. März 1853 in Bern, gestorben am 19. Mai 1918 in Genf. 1871 bis 1876 besuchte Hodler die Kunstschule in Genf, wo er von dem Landschaftsmaler Barthélemy Menn ausgebildet wurde. Auf Genfer Ausstellungen seit den späten 1870er Jahren mit Erfolg vertreten, riefen seine anschließende Lösung vom Naturalismus und sein Hang zur strengen, harten Form Kritik hervor. 1878/79 reiste Hodler nach Madrid, während der 1880er Jahre verbrachte er den Sommer überwiegend im Berner Oberland und in Langenthal. Durch seine Bekanntschaft mit dem Dichter Louis Duchosal lernte er um 1885 die symbolistischen Tendenzen in der französischen Malerei kennen. 1891 war er im Salon du Champ de Mars, 1892 im Salon de la Rose et Croix in Paris vertreten. 1900 wurde Hodler Mitglied der Berliner, 1903 der Münchner Secession. Der internationale Durchbruch gelang ihm 1904 in Wien, wo die Secession ihn als Vertreter der den Impressionismus ablösenden »Stilkunst« zusammen mit Edvard Munch und Axel Gallén präsentierte. Der künstlerische Standort Hodlers, der sowohl in seinen großen historischen und allegorischen Kompositionen als auch für seine Bildnisse und Landschaften vollkommen eigenständige Lösungen entwickelte, ist im Rahmen des internationalen Symbolismus zu suchen.

Ferdinand Hodler

Jenenser Student, 1908

Öl auf Leinwand, 212,0 x 92,0 cm
1912 als Schenkung von Friedrich Wilhelm Freiherr von Bissing im Rahmen der Tschudi-Spende erworben
Inv. Nr. 8643

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