16.12.2019: Van Dyck malt Van Dyck: Die Selbstporträts

Anthonis van Dyck, Selbstbildnis, um 1615, Wien, Gemäldegalerie der Akademie der bildenden Künste

Der junge Künstler

Wie in einem Zeitraffer könnt ihr in unserer Ausstellung Anthonis Van Dyck zu drei Zeitpunkten seines Lebens ins Gesicht blicken: Wir haben drei seiner zahlreichen Selbstbildnisse nebeneinander gehängt, darunter ein Selbstbildnis, das er schon als 16-Jähriger gemalt hat (Abb. 1). Der junge Künstler entdeckt sich in dem kleinen, studienartigen Bild selbst. Er interessiert sich für seine individuellen Gesichtszüge und fixiert uns mit seinem Blick – alles mit zügig, aber genau gesetzten Pinselstrichen gemalt.

 

Anthonis van Dyck, Selbstbildnis, um 1620/21, New York, The Metropolitan Museum, The Jules Bache Collection, 1949

Van Dyck vor seiner Abreise nach Italien

Anders präsentiert sich Van Dyck in dem Selbstporträt, das er direkt vor seiner Abreise nach Italien malte (Abb. 2): Der Zwanzigjährige gibt sich in seiner burgunderfarbenen Samtjacke aristokratisch und führt seine androgyn wirkende Hand elegant an sein Kinn. In dem Bild findet sich kein Hinweis darauf, dass Van Dyck ein Künstler ist. Wüssten wir nicht, dass sich Van Dyck hier selbst porträtiert, würden wir annehmen, es handele sich um eine hochgestellte Persönlichkeit, die sich die Hände nie schmutzig macht.

Am Mittwochabend hat uns der Van Dyck-Spezialist Adam Eaker vom Metropolitan Museum in New York besucht und dem Münchner Publikum mit einem spannenden Vortrag im Rubens-Saal der Alten Pinakothek neue Einblicke in Van Dycks Selbstinszenierung geboten. Um zu verdeutlichen, wie bewusst sich Van Dyck – der auch Aristokraten als Klientel hatte – selbst als Aristokrat inszenierte, hat uns Eaker zum Vergleich ein Selbstporträt von Van Dycks Künstlerkollegen Adriaen Brouwer gezeigt: Brouwer, der sich mit seinen derben Szenen von Trinkern und Schlägereien einen Namen machte, porträtierte sich passenderweise selbstvergessen während eines Trinkgelages.

Van Dycks Selbstporträts könnten nicht gegensätzlicher sein! Diese Aura eines Aristokraten, die wir in dem Selbstporträt sehen, kultivierte Van Dyck laut Eaker tatsächlich auch im wirklichen Leben – eine Art, die manche Künstlerkollegen in Italien als affektiert und überheblich empfanden und, sicherlich auch ein wenig neidisch, sich von dem jungen Maler fernhielten. Van Dyck steuerte jedoch seine öffentliche Wahrnehmung bewusst, um seine Klientel, die meist aus der Aristokratie und dem gehobenen Bürgertum stammte, für sich zu gewinnen. Er stellte damit zur Schau, dass er sich auf dem gesellschaftlichen Parkett zu bewegen wusste.

Anthonis van Dyck, Selbstbildnis, um 1620/21 und 1627, München, Bayerische Staatsgemäldesammlungen,
Alte Pinakothek

Van Dycks Selbstinszenierung

Das dritte Selbstporträt, das wir in unserer Ausstellung zeigen, ist noch deutlicher als Eigenwerbung zu verstehen (Abb. 3): Van Dyck präsentiert sich hier, wie er nach seiner Zeit in Italien wahrgenommen werden wollte. Die Körperhaltung ist elegant verhalten; die reduzierte Farbpalette, die auf dem linken Arm ruhende rechte Hand sowie der große gebauschte Ärmel, der den Vordergrund dominiert, sind Übernahmen aus der italienischen Porträtmalerei. Van Dycks Klientel wusste nun: Dieser Künstler hat sich an den großen italienischen Meistern geschult und kann im italienischen Stil malen. Aber der Höhepunkt des Bildes ist die goldene Ehrenkette, die aus dem Schwarz hervorblitzt. Van Dyck wurde die Kette als Auszeichnung für sein Können durch den kunstsinnigen Herzog von Mantua verliehen – eine Nobilitierung, die Van Dyck nun bewusst aller Welt nach seiner Rückkehr nach Antwerpen mit diesem Bild präsentieren wollte.

Van Dycks Selbstporträts ziehen uns noch heute in ihren Bann: Er kokettiert mit seinem durchdringenden Blick, den sich lebendig aufbauschenden roten Locken und seiner Körperhaltung. Seine Porträts wirken noch so aktuell, dass wir das Gefühl haben, in der Ausstellung Van Dyck selbst begegnen zu können!

Wenn ihr Lust habt mehr über die Kunst des Selbstportraits zu lernen, dann informiert euch über unsere Zeichen-Workshops rund um VAN DYCK in der Alten Pinakothek - Angebote gibt es für Jugendliche, Erwachsene und die ganze Familie!

Autorin: Julia Thoma, wissenschaftliche Mitarbeiterin