24.05.2019: Aufstand im Schlaraffenland? #DHMdemokratie

Von der Online-Sammlung in den Wahlwerbespot

Was hat unsere Online-Sammlung mit Demokratie zu tun? Die vielfältigen Nutzungen der Bilder aus unserer Online-Sammlung setzten die Gedanken für diesen Beitrag zur Blogparade #DHMdemokratie des Deutschen Historischen Museums in Bewegung… 

Mit dem Launch unserer Online-Sammlung 2017 haben wir nicht nur Transparenz für die gesamten Bestände der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen geschaffen, sondern auch die verfügbaren Digitalisate mit einer Creative-Commons-Lizenz bereitgestellt. Sie ermöglicht, einfach, unmittelbar und weltweit allen Menschen mit Internetzugang die Verwendung der Abbildungen. So wurde aus dem Bilderschatz ein digitales Schlaraffenland, welches stetig wächst. Das Schlagwort „Schlaraffenland“ führt uns direkt zu einem Gemälde von Pieter Bruegel d.Ä., welches unlängst von unserer Online-Sammlung in einen Wahlwerbespot zur Europawahl gelangte. Ob Bruegel dem darin aufgeworfenen Kontext zugestimmt hätte? 

Kunst und Künstler im politischen Kontext 

Die Kontrolle der Verwendung von urheberrechtlich geschützten Bildern ist ein Kernthema des mittlerweile an den Europäischen Gerichtshof übergebenen „Framing Rechtsstreites“ zwischen VG Bild-Kunst und der Deutschen Digitalen Bibliothek: Die VG Bild-Kunst will den von ihr vertretenen Urhebern gewährleisten, dass ihre Werke nicht ohne Zustimmung in werbliche, politische oder religiöse Kontexte gelangen können. 

Inwiefern Kunst im Laufe der Geschichte zu politischen Zwecken instrumentalisiert oder gar produziert wurde, lässt sich in unseren Museumsräumen nachvollziehen: In der Pinakothek der Moderne beispielsweise diskutierte der Kurator Oliver Kase mit der Ausstellung Gegen-Kunst – und nun dauerhaft in Saal 13 – das Gegenüber von „regime-treuer“ Kunst des Nationalsozialismus und den als „Entartete Kunst“ verfemten Werken. Derzeit wird außerdem das Thema der „Zwei Seiten eines Künstlers“ für Franz Radziwill aufgegriffen. 

Die Kunst alter Meister ist gemäß dem Urheberrecht gemeinfrei – in Verbindung mit der freien Zugänglichmachung der von unseren Fotografinnen und Fotografen gefertigten Digitalisate wollen wir auch eine zentrale Anlaufstelle für weitere Informationen zu den Kunstwerken bieten. Deswegen soll mit der CC-BY-SA-Lizenz bei jeglicher Nutzung eine Spur in die Pinakotheken führen. Wir besinnen uns an dieser Stelle auf die Kernaufgaben eines Museums: So geht es nicht nur um das Sammeln und Bewahren der Kunstwerke, sondern auch um ihre Erforschung und die Vermittlung der Erkenntnisse gegenüber der Öffentlichkeit. Dabei ist es ein Ziel der Kunstvermittlung, unsere Besucherinnen und Besucher zu einer genauen und reflektierten Bildbetrachtung zu ermutigen, die auch außerhalb der Museumswände fortgesetzt werden kann. 

Blicke auf Bruegels „Schlaraffenland“

In der #Kunstminute erklärt Mirjam Neumeister, welche Frage sie in Bruegels Schlaraffenland sieht: „Was möchte man im Leben bewirken?“ Bruegel zeigt nicht einfach nur die Völlerei als Sünde – sein Schlaraffenland kann auch als ein Denkanstoß für Auseinandersetzung, Diskussion und demokratisches Selbstverständnis verstanden werden. Wer wünscht sich eine Welt, in der alle Ziele erreicht sind und es nichts mehr zu besprechen gibt? Es ist menschlich, Dinge erreichen zu wollen und kreative Ideen zu finden, wachsen zu lassen, zu realisieren oder wieder zu verwerfen. Auch hierfür kann unsere Online-Sammlung ein Ausgangspunkt sein. 

Ein Download und seine Nutzungsempfehlungen

Was letztlich nach dem Klick auf den Download-Knopf geschieht, lässt sich für uns nicht restlos nachvollziehen, auch wenn Nutzungsbedingungen einen Verweis auf unsere Online-Sammlung verlangen. Dabei begrüßen wir die vielfältigen Verwendungszwecke unserer Online-Sammlung: Die Bilder werden genutzt für die Lehre an Universität und Schulen, sie sind in Wikimedia Commons verfügbar, bei Coding da Vinci werden sie Teil digitaler Anwendungen, Motivationscoaches illustrieren ihre Power-Point-Folien oder Kunstfreunde tragen die Meisterwerke als Hintergrundbilder auf ihren Smartphones bei sich. Die Bilder finden über die Online-Sammlung ihren Weg aus den Pinakotheken hinaus, verweisen dabei aber stets auf die Originale, welche man in den Museumsräumen erleben kann. All diese Nutzungen ermöglicht die Bereitstellung von Digitalisaten der Werke unserer Sammlung mit Creative-Commons-Lizenz einfach und unmittelbar. 

In den Nutzungsempfehlungen bitten wir um Respekt vor Künstlern und Werken. Werden diese missachtet, nehmen wir das zur Kenntnis, können und wollen aber entsprechend der freien Creative-Commons-Lizenz nicht dagegen vorgehen, insofern keine Rechtsverstöße festzustellen sind. Schließlich wiegen die bereichernden Nutzungen unserer Bilder diese Fälle auf, und sie sind in der Summe ein deutliches Zeichen einer offenen, vielfältigen und demokratischen Gesellschaft.  

Welche Gedanken halten euch von einer Ruhe im Schlaraffenland ab? Für welche Zwecke habt ihr die Bilder aus unserer Online-Sammlung verwendet? Schreibt uns an digital@pinakothek.de oder hinterlasst uns einen Kommentar in unseren Social-Media-Kanälen #pinakotheken #DHMDemokratie 

Max Westphal, Digitale Kommunikation

Postscriptum: Das „Schlaraffenland“ ist derzeit nur digital zugänglich, da von 13. Mai bis 24. Juli 2019 die Nordkabinette und -säle im Erdgeschoss der ALTEN PINAKOTHEK (Bereich Altdeutsche Malerei und Flämische Malerei, Säale I-III und 1-9) für Besucher geschlossen sind. In dieser Zeit werden die Räume für die Highlight-Hängung der Werke aus der Neuen Pinakothek vorbereitet, die am 25. Juli 2019 eröffnet wird – und Bruegels Werk wird bald wieder im Obergeschoss zu sehen sein.