26.04.2019: Im Einklang - Im Austausch

Prof. Jan Müller-Wieland, Foto: Hochschule für Musik und Theater München

Im Einklang mit der Ausstellung Utrecht, Caravaggio und Europa – Im Austausch mit den Bayerischen Staatsgemäldesammlungen

Ein Beitrag von Jan Müller-Wieland, Professor für Komposition an der Hochschule für Musik und Theater München

Ich stehe vor einem Bild einer anderen Zeit. Oder ist es doch auch meine Zeit?
Ist es mein Leben, welches ich da sehe? Welches Leben sieht mich an?
Das Bild bewegt mich. Das Bild bewegt sich!? Ich schaue genauer und... siehe da!
Ich höre Dinge! im Bild.

Das Zu-Hörende stellt etwas dar. Musik ist eine darstellende Kunst.
Sie zeigt die Dinge über die man nicht sprechen und die man eigentlich auch nicht sehen kann.
So sinngemäß Leonardo da Vinci. Aber: Ist es so?  Ist es für mich so?
Ich schaue noch einmal und höre schon wieder etwas. Doch etwas anderes als zuvor.
Oder knüpft es an? Woran? Was wird mir erzählt? Was verknüpft? Wer treibt hier an? Warum tut sich und entsteht etwas? 

Musik ist in Bild, Tat und Kraft zu schildern.
So sinngemäß Franz Schubert in wiederum einer ganz anderen Zeit.
Doch ist nicht die Zeit ohnehin nur ein Ball, ein Maskenball, ein Handball, ein Handwerksball des Erdballs, sprich: der Kunst?

Welt ist Kunst - und Musik ist eine dienende Kunst für andere Künste, andere Welten, Nebensonnen und Monde.
Aus dieser Perspektive argumentierte um das Jahr 1600 der Lombarde Monteverdi.
Er war nur vier Jahre älter als der Mailänder Caravaggio.

Zur Musik der Audioguides für „Utrecht, Caravaggio und Europa“

Screenshot aus einem der „Making Of“-Videos zu den Kompositionen hier in unserer Youtube-Playlist

Mit diesen Gedanken sind derzeitige Komposition-Studierende aus China, Russland, Georgien, Armenien, Österreich und Deutschland auf die so leiblichen und dynamischen Bilder dieser Ausstellung zugegangen. Jeder dieser sehr jungen Menschen hat sich in zahlreiche Bilder seelisch und geistig vertieft, um Übergeordnetes über sein und unser Dasein gewissermaßen damals, jetzt und morgen durch Klang, meist Klavierklang, Verfremdung, Versinnbildlichung zu suchen, zu finden, zu übertragen und zu dokumentieren.

Es entstanden Musik-Momente, „Moments musicaux“ , Miniaturen, innere Geistesblitze, Abbrüche, Abgründe und Aufschwünge nicht nur im Einklang mit jedem Bild, sondern auch im engen Austausch mit der Leitung der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen.

Das Synästhetische, das „Diagonale“ und „Kursive“ unseres Lebens und des Lebens der Bilder soll sich entfalten.

Die Lust, die Angst, die Intriganz, die Ehrlichkeit, die Einsamkeit , der eine Himmel, die vielen Schatten, die Gemäuer, die Straßen, Ecken, der Neid, die  Eifersucht, die Missgunst, die Sehnsucht, die Liebe, das Gottvertrauen, das Licht, die Gewalt...!

Wozu sein? Wozu da sein? Wozu dabei sein?

Ich denke, es sind Fragen, welche die Bilder ebenso wie die Musik bewegen.

Darum die zahlreichen kurzen Musikstücke als wählbarer Zusatz auf dem Audioguide.

 

Wir wollen uns bei Prof. Jan Müller-Wieland für die Zusammenarbeit und nicht zuletzt für diese Zeilen auf unserem Blog bedanken! Wir laden Sie ein, die Musikstücke zusammen mit den Gemälden der Ausstellung Utrecht, Caravaggio und Europa mit dem Audioguide bei Ihrem Besuch zu genießen. Einen Vorgeschmack bieten die Videos auf unserer Ausstellungswebsite, die fünf der jungen Komponisten und ihre Arbeit vorstellen. Auch auf BR-Klassik wurde die Zusammenarbeit mit einem Beitrag vorgestellt, den Sie hier lesen und anhören können.
Bereicherten diese Kompositionen Ihren Ausstellungsbesuch? Wir sind gespannt auf Ihre Reaktionen und Meinungen zu diesem Projekt über unsere Social-Media-Kanäle mit dem Hashtag #PinaCaravaggisti oder unser Kontaktformular