31.01.2018: THINGS YOU DIDN'T KNOW ABOUT PAUL KLEE...Cooking

Part Four: Der gemeine Haus- und Küchen-Klee

THINGS YOU DIDN'T KNOW ABOUT PAUL KLEE...

PART FOUR
Der gemeine Haus- und Küchen-Klee 

Autorin: Susanne Glasl

Nach all diesen kurzweiligen Anekdoten der letzten Wochen, denkt ihr euch mit Sicherheit: „Der Klee; was ein toller Hecht! Was soll da noch besseres kommen?!“ Tja, dann passt mal auf: Der Paule konnte auch noch kochen! #baegoals

Herausgeschält hat sich dieses ungeahnte Talent erstmals in den anfänglichen Jahren des Klee'schen Familienlebens. Eher als dem renommierten Bauhaus-Prof der späteren Jahre entsprach Klee nämlich zu diesem Zeitpunkt dem Typus des verarmten Poeten, wie ihn uns einst Herr Spitzweg so anschaulich präsentierte. Der Struggle, wie man zu sagen pflegt, war real. Und während Paul seine Quarter-Life-Crisis pflegte und vergeblich versuchte finanziellen Profit aus bildender Kunst zu schlagen (Einsatz hier: schallendes Gelächter), sorgte Lily für den Unterhalt der Kleinfamilie und gab Klavierstunden. Paul mauserte sich zum Hausmann und musste prompt am eigenen Leib erfahren, was es bedeutet Kind, Haushalt und das Streben nach individueller Selbstverwirklichung unter einen Hut zu bekommen. Und das ganz ohne hilfreiche Ratschläge diverser Mommy-Blogs auf Instagram.

Zwar hatte das Ehepaar Klee mit seiner Wohnung in der Ainmillerstraße 32, Nähe Münchner Freiheit, einen Volltreffer gelandet, was die Lage betraf; doch litten Paul und Lily auch unter den München-typischen beengten Platzverhältnissen. (Will heißen, wer sich in überteuerten Sardinenbüchsen wohlfühlt, der möge nach Minga ziehen. Aber mei, is halt so griabig da bei uns und die Berg san halt so schee nah, gell? #GebtMirBezahlbarenWohnraumOderGebtMirDenTod)

Doch zurück zum Thema: Die Klee'sche Platzproblematik. Da war Eigeninitiative gefragt! Kurzum fasste man Küche und Atelier zusammen und erreichte mithilfe des neu entstandenen Multi-Purpose-Workspace eine optimale Auslastung der gegebenen Raumverhältnisse. #lifehack

Einer ausgewogenen Work-Life-Balance einen Schritt näher, schuf sich unser Maler-Violinist-Bastler-Künstler ein weiteres Outlet für seine Kreativität: Tag ein Tag aus kreierte er oft fulminante, mehrgängige Gerichte mit mediterranem Einschlag. Und war im Küchen-Atelier gerade einmal kein Kochlöffel zur Hand, tat es kurzerhand auch mal ein umgedrehter Pinselstiel. #lifehack²

Die ausgeprägte Leidenschaft fürs Schnipseln, Brutzeln und Braten hatten wohl weniger Klees Eltern als zwei seiner Tanten geweckt. Die beiden Entrepreneurinnen führten ein Familienhotel in der Schweiz und gaben ihre Kochweisheiten an den kleinen Paule weiter. Man kann sich vorstellen, welch unbändige Freude Klein-Klee das betriebsame Gewusel des ländlichen Gasthauses bereitet haben muss, gibt es doch kaum einen besseren Ort um sich dem Studium von allerlei verschrobenen Charakteren und Typen zu widmen als das lokale Sammelbecken der Dorfgemeinschaft. Nach unzähligen Stunden des schamlos betriebenen People Watching, verwundert es kaum noch, dass uns so viele der urigen Geschöpfe aus Pauls Bildwelten so entnervend vertraut vorkommen. Geradezu unheimlich in ihrer Heimeligkeit erscheint beispielsweise auch die Szene auf der oben zu sehenden Zeichnung von 1885: die Familie bei Tisch. In einem archetypischen Moment des Ur-Menschlichen versammelt sich die Sippe hungrig um die Feuerstelle und der Papa ist ein bisschen genervt. Auf anderen Werken meint man mal den örtlichen Kioskverkäufer, mal den Gemeinde-Pfarrer oder diese eine obligatorische Tante, die es stets mit drei Spritzern Eau de Toilette zu gut gemeint hat, zu erkennen. Ja und manchmal, manchmal entdeckt man gar sich selbst. #yikes

Mit zutiefst beunruhigender Präzision machte sich Klee munter daran all unsere kleinen Unzulänglichkeiten, Spleens und dilettantisch überspielten Neurosen ans Tageslicht zu befördern. Das ist erstmal gruselig, so ein öffentliches Blankziehen der Seele. Wer wird schon gerne als Weirdo entlarvt in einer Welt, in der coole Gleichmütigkeit als höchste Tugend mit eiserner Faust über eine Schar schnauzbärtiger Hipster regiert? Das tiefgreifend versöhnliche an Pauls Blick auf die Welt und alles, was da fleucht und kreucht, ist aber seine schmunzelnde Gnadenlosigkeit. Niemand bleibt verschont, Nichts bleibt verborgen. Du bist weird, ich bin weird, lasst uns froh und munter sein.

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Bild: Paul Klee, Familie bei Tisch, 1885, 5, Bleistift auf Papier auf Karton, 6,7 x 10,8 cm, Zentrum Paul Klee, Bern
Bildnachweis: Zentrum Paul Klee, Bern, Bildarchiv

PAUL KLEE. KONSTRUKTION DES GEHEIMNISSES

PAUL KLEE. KONSTRUKTION DES GEHEIMNISSES

Pinakothek der Moderne 
Sammlung Moderne Kunst 
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„Konstruktion des Geheimnisses“ ist die erste große Sonderausstellung zum Werk von Paul Klee in der Pinakothek der Moderne. Sie wird den umfangreichen Münchner Bestand zusammen mit über 120 Leihgaben aus bedeutenden Klee-Sammlungen in Europa, den Vereinigten Staaten und Japan präsentieren. Die Ausstellung folgt Paul Klees Weg als „denkender Künstler“, der in seinem Werk systematisch die Grenzen des Rationalen auslotet und überwindet. Im Mittelpunkt der Ausstellung stehen die 1920er- Jahre, in denen Klee auf die Herausforderungen der neuen technisierten Welt und deren Auswirkung auf das Schaffen des modernen Künstlers reagiert. Als Meister am Bauhaus stellt Klee die Dominanz des Rationalismus in Frage und strebt nach einer Balance von Verstand und Gefühl, von Konstruktion und Intuition. Die Ausstellung zeigt die ungebrochene Aktualität von Klees Werk, das sich den existentiellen Konflikten des modernen Menschen widmet.

ALLE INFORMATIONEN ZUR AUSSTELLUNG: https://www.pinakothek.de/klee