17. JANUAR 2018: THINGS YOU DIDN'T KNOW ABOUT PAUL KLEE...MUSIC

PART TWO - „ich seufze Musik! Musik!“

THINGS YOU DIDN'T KNOW ABOUT PAUL KLEE...

PART TWO
„„ich seufze Musik! Musik!““

Autorin: Susanne Glasl

Klee ohne Musik zu denken ist wie ein Van Gogh in schwarz-weiß: nur halb so viel Spaß.

Ausgestattet mit einem besonders ausgeprägten Sinn für Tonreinheiten sowie einem musisch vorbelasteten Elternhaus – die Mutter Sängerin, der Vater Musiklehrer – hantiert der kleine Klee von Kindesbeinen an mindestens ebenso eifrig mit dem Violinenbogen wie mit Papier und Pinsel. Mit gerade einmal elf Jahren bringt es das Whizkid dann bis zum außerordentlichen Mitglied der Bernischen Musikgesellschaft und bestreitet neben seinen weitaus älteren Kollegen ganze Konzertabende.

Auch als junger Erwachsener, inzwischen von zu Hause ausgezogen und stolzer Bewohner einer angemessen schäbigen Münchner Studentenbude, wird eifrig-glühend mit beiden Künsten zugleich geflirtet. Zwar galt der Umzug in die große Stadt eigentlich allein der Förderung seiner Malerausbildung, doch scheint ihm der süße Sirenenruf der Musik keine Ruhe zu lassen. Die einzig bekannte Fotografie, die uns aus seiner Ausbildungszeit an der Malschule Knirr erhalten geblieben ist, zeigt ihn – wie könnte es anders sein – als Teil eines Quintetts; tiefenentspannt über sein Streich(el?)-Instrument gebeugt; ein Bild der Wonne.

In vielerlei Tagebucheinträgen der Zeit wird sich jedoch hingebungsvoll über die Tragik seiner dual-talentierten Existenz beklagt. Ganz Bohemien philosophiert er: „Die Musik ist für mich wie eine verscherzte/ Geliebte. I Ruhm als Maler?? I Schriftsteller, moderner Lyriker? Schlechter Witz. I So bin ich beruflos, und bummle.“ Schon ein schlimmes Schicksal, in der Tat.

Doch bevor wir nun die kleinste Violine der Welt auspacken, um unser Mitgefühl für unser multi-talentiertes Genie auszudrücken, werfen wir einen Blick auf Klees Terminkalender der Münchner Jahre: Auf allzu viel schweißtreibende Bummelei und ermattendes Soul-Searching lässt sich jedenfalls nicht schließen. Wenn er nicht gerade selbst malt, zeichnet, studiert oder musiziert, ist er mit großer Wahrscheinlichkeit in einem der Münchner Opernhäuser oder Konzertsäle anzutreffen. „Work hard, play hard“, wie man so schön sagt. Auf dem Klee'schen Äquivalent einer WG-Party stößt er schließlich auf eine junge Pianistin, die ihm in Sachen Musik-Manie tatsächlich das Wasser reichen kann: Lily Stumpf entpuppt sich als das Nerd-Ying zu Pauls Nerd-Yang. Die beiden heiraten und produzieren bald darauf ihren eigenen zukünftigen Theaterproduzenten: Sohn Felix erinnert sich später daran, wie seine Eltern regelmäßig zu Freunden fuhren, um „dort den ganzen Tag wahrhaft besessen Kammermusik zu spielen.“

Bei allem Wahn soll aber nicht gesagt werden, der liebe Herr Klee hätte nicht auch den Charmeur hervorholen können. 1906 schreibt er an seine Liebste: „Mein Kopf ist zurzeit ziemlich wirr, ich werde, ganz wie ein Verliebter, die ganze Nacht nicht schlafen. […] ich bin kaum im Stande, von etwas anderem zu schreiben […] Herzklopfen hab ich auch, wie nach langer Zeit […] Ich habe nichts mehr zu sagen, als dass ich auch grosse Leidenschaften zu haben scheine.“ Hach, die Liebe! Blöd nur, dass diese Flut an Zärtlichkeiten nicht Lily galt, sondern einer gerade neu erworbenen Geige. Lily, zu diesem Zeitpunkt bereits Klees Verlobte, dürfte entzückt gewesen sein.

Doch trotz all der Sonaten-Schwärmerei, hält Klee standhaft an seiner Entscheidung für die Künstlerkarriere fest, was ihn allerdings nicht davon abhält seiner Muse, der Musik, einen hohen Stellenwert innerhalb seines Werkes einzuräumen. Ganze Bildserien beruhen in ihrem Aufbau auf musik-theoretischen Systematiken. Kaum verwunderlich bei einem Mann der einmal schrieb: „Je länger je mehr beängstigt mich m[eine] I wachsende Liebe zur Musik. Ich begreife mich nicht. I Ich spiele Bach-Solosonaten, was ist dagegen I Böcklin? Ich muss lächeln. [...] Ich/ seufze Musik! Musik!//.“ #Böcklinaintshit #Böcklinbashing

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Bild: Quintet in der Mal- und Zeichenschule Heinrich Knirr in München, 1900
Paul Klee (rechts) hält die Violine in der Hand. Begleitet wird er von Walther Siegrist (zweite Violine), Fritz Stubenvollstrasse (Viola), Franz Schmidt (erstes Cello) und Julius Labba (zweites Cello)
Zentrum Paul Klee, Bern, Schenkung Familie Klee
© Zentrum Paul Klee, Bern, Bildarchiv

PAUL KLEE. KONSTRUKTION DES GEHEIMNISSES

PAUL KLEE. KONSTRUKTION DES GEHEIMNISSES

Pinakothek der Moderne 
Sammlung Moderne Kunst 
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„Konstruktion des Geheimnisses“ ist die erste große Sonderausstellung zum Werk von Paul Klee in der Pinakothek der Moderne. Sie wird den umfangreichen Münchner Bestand zusammen mit über 120 Leihgaben aus bedeutenden Klee-Sammlungen in Europa, den Vereinigten Staaten und Japan präsentieren. Die Ausstellung folgt Paul Klees Weg als „denkender Künstler“, der in seinem Werk systematisch die Grenzen des Rationalen auslotet und überwindet. Im Mittelpunkt der Ausstellung stehen die 1920er- Jahre, in denen Klee auf die Herausforderungen der neuen technisierten Welt und deren Auswirkung auf das Schaffen des modernen Künstlers reagiert. Als Meister am Bauhaus stellt Klee die Dominanz des Rationalismus in Frage und strebt nach einer Balance von Verstand und Gefühl, von Konstruktion und Intuition. Die Ausstellung zeigt die ungebrochene Aktualität von Klees Werk, das sich den existentiellen Konflikten des modernen Menschen widmet.

ALLE INFORMATIONEN ZUR AUSSTELLUNG: https://www.pinakothek.de/klee